Wie die Fine Art Architekturfotografie mein Leben rettete

Ich denke es ist an der Zeit endlich diesen sehr persönlichen Blogbeitrag zu schreiben und zu veröffentlichen.
Dass ich gerne Fine Art Architekturfotografie betreibe ist wahrscheinlich jedem klar, der mich kennt. Diese Homepage ist meine Visitenkarte für meine Tätigkeit als Architektur- und Immobilienfotograf. Dennoch bedeutet mir die Fine Art Architekturfotografie so viel, dass ich hier eine Unterseite dafür eingerichtet habe.
Klar – irgendwie ist es eine verwandte Art der Fotografie. Beide haben Architektur bzw. Gebäude und urbane Elemente als integrale Bildinhalte. 

Unterschiede zwischen Immobilienfotografie und Fine Art Architekturfotografie

Dennoch unterscheiden sich beide Genres meiner Meinung nach in einem Aspekt grundsätzlich:
In der Architektur- und Immobilienfotografie steht immer ein wirtschaftlicher Aspekt im Vordergrund. Ich mache die Aufnahmen von Innenräumen, Häusern und Wohnungen, weil mich jemand dazu beauftragt hat. Jemand, der ein Objekt vermieten oder verkaufen möchte. Aufgrund dieses wirtschaftlichen Aspekts sind – logischerweise – gewisse Richtlinien einzuhalten. Meine Immobilienfotos müssen den realistischen Eindruck eines Wohn- oder Gewerbeobjekts widergeben. Diese Aufnahmen werden dann in Exposés verwendet, um in kurzer Zeit potenzielle Interessenten anzusprechen. Ich liebe meine Arbeit als Immobilienfotograf, da diese Art des zielgerichteten Arbeitens ein elementarer Bestandteil der Wertschöpfungskette ist. Ich habe dadurch die Möglichkeit viele verschiedene Wohnräume zu sehen und in Bildern festzuhalten. Da ich Architektur, Design und Innengestaltung liebe und diese persönlichen Interessen mit meiner größten Leidenschaft – der Fotografie – verbinden kann, schätze ich mich extrem glücklich. Ich habe 2016 aus gutem Grund meine Karriere vom Verpackungsingenieur / -designer zum Fotografen gewechselt. Fotografie war – und ist immer noch – genau das was meinen Motor antreibt und ich liebe jeden Aspekt davon. Bevor ich weiter ins Schwärmen komme…hier die Unterschiede zur Fine Art Architekturfotografie:
Fotografiere ich für mein fine art Portfolio, dann arbeite ich für mich. Ich arbeite ohne einen Auftrag. Ich arbeite, weil ich es will. Ich fotografiere was ich will. Hinter meiner fine art Fotografie stehen (bis dato) keinerlei finanzielle oder wirtschaftliche Interessen. Ich sehe diese Art der Fotografie für mich persönlich als Ausgleich und logische Balance zum zielgerichteten Arbeiten im Rahmen von Aufträgen als Immobilienfotograf. Ebenso ist die fine art Fotografie mein Lebensretter und überlebenswichtig für mich – aber später mehr dazu. Diese beiden Genres sind für mich die ideale und perfekte Balance, die es mir ermöglichen meine Leidenschaft sowohl als Fotograf, alsauch als Künstler auszuleben.
Auf lange Sicht bzw. als nächsten logischen Schritt möchte ich auch als fine art Fotograf auf Auftrags- oder Kommissionsbasis arbeiten. Dann wäre die Balance meines wirtschaftlichen Daseins perfekt und vollendet.

Wie die Fine Art Architekturfotografie mein Leben gerettet hat

Es wäre zu trivial das alles so stehen zu lassen, darum möchte ich diese Sätze näher erläutern: Was die wenigsten über mich wissen ist, dass ich im Jahr 2015 einen Burnout hatte. Salopp gesagt hat mein Körper; insbesondere mein Kopf die Notbremse betätigt. Damals war ich noch als Verpackungsingenieur und Verpackungsdesigner tätig. Ich habe durchschnittlich 14 Stunden am Tag gearbeitet, bin viel gereist und wusste manchmal morgens nach dem Aufwachen nicht wo ich bin. Ich bin innerhalb von 11 Jahren 7 mal umgezogen. Meine Ernährung war miserabel (ebenso mein Alkoholkonsum), ich war im Dauerstress, permanent schlecht gelaunt und im tiefsten Inneren unglücklich. Aufgrund des permanenten Stresses, den ich mehr als 10 Jahre am Stück hatte, hatte ich komplett verlernt, auf mich selbst zu hören. Vielmehr hatte ich komplett verlernt mich selbst zu verstehen. Ich war in einer Transformation meinerselbst, die in eine Richtung ging, die für mich schädlich war. Ich war erfolgreich in meinem Job, das Gehalt stimmte und an der Oberfläche schien eigentlich alles perfekt. Dennoch kann ich im Nachhinein sagen, dass (metaphorisch gesehen) diese Pflanze auf fauligem Boden gewachsen ist. Im Nachhinein betrachtet war mein Zusammenbruch eine logische und unausweichliche Konsequenz meines Lebensstils. Eine Konsequenz von dem Was ich tat und – vor allem – von dem, was ich nicht tat.
Noch als ich im Berufsleben als Ingenieur war, hatte ich auf allen Geschäftsreisen meine Kamera dabei. Fremde, neue Orte mit meiner Kamera festzuhalten und zu erkunden war mir extrem wichtig. Es versetzte mich in einen Zustand, in dem ich alles, was mir nicht gut tat, vergessen konnte. Wenigstens für einen kurzen Moment. Ebenso hatte ich damals schon nebenberuflich als Fotograf gearbeitet und hier und da Hochzeiten und Wohnungen fotografiert. Irgendwie scheint es (im Nachhinein betrachtet) so, als hätte ich damals die Lösung schon vor meiner Nase gehabt. Jedoch hat mir der Strudel von Mettings, Stress, Reisen, Firmenpolitik usw. die rationale, logische Sichtweise genommen. Gleichzeitig war ich blind was mich und meine eigenen Bedürfnisse betrifft. Und natürlich war da auch die finanzielle Abhängigkeit von meinem gut beahlten Job…

Der Burnout…ja…was soll ich sagen…

Ich gehe sehr offen damit um, obwohl ich mich dadurch verwundbar mache. Ich möchte jedoch folgendes hervorheben: Ich bin unendlich dankbar, dass ich einen Burnout hatte. Ohne diese Notbremse wäre ich jetzt wahrscheinlich immer noch in meinem alten Beruf, ich wäre unglücklich und ich würde nicht mit meiner größten Leidenschaft meinen Lebensunterhalt verdienen. Im Endeffekt fühle ich mich inzwischen stärker, zufriedener, glücklicher und erfüllter als je zuvor in meinem Leben. Ich habe diesen kompletten Stillstand gebraucht, um mein Leben neu zu sortieren. Ebenso, um endlich den Entschluss zu treffen, den Rest meines Lebens der Fotografie zu widmen.
Gleichzeitig weiß ich ganz genau, dass erschreckend viele Menschen aktuell so wie ich damals ein extrem ungesundes Leben leben. Die Zahl der Burnouts nimmt rasant zu. Die Arbeitswelt wird immer härter und stressiger. Gleichzeitig wird das Leben aufgrund der aktuellen politischen Situation trauriger. Wenn man nicht das tut was man liebt, bzw. hinter dem man zu 100% steht, dann hat man irgendwann ein Problem. In meinem Job als Architektur- und Immobilienfotograf habe ich (anscheinend) auch „Stress“. Ich habe Abgabetermine, Shootings, die in kürzester Zeit erledigt werden müssen, ich muss meine Buchhaltung, meine Werbung und eigentlich alles alleine machen, da ich selbständig bin. Hier liegt aber der gravierende Unterschied: Für mich ist das alles kein Stress. Ich empfinde all das als Teil des Traumes, den ich lebe. Ich arbeite aktuell in manchen Phasen bis zu 16 Stunden am Tag. Allerdings – da ich das mache was ich am meisten liebe – kommt es mir nicht wie „Arbeit“ oder ein „Job“ vor. Vielmehr ist es das Ausleben und Umsetzen meiner Berufung.

Danke Burnout!

Ich bin unendlich dankbar und glücklich, dass ich diese physische und psychische Notbremse durchlebt habe. Allerdings war der burn out an sich am Anfang alles andere als ein Zuckerschlecken. Ich betrachte ihn als einen strengen Lehrer, der – wenn man ihn ernst nimmt – viele Weisheiten in sich birgt.
Ich weiß – bei jedem manifestiert sich dieser Zustand auf eine andere Art. Darum kann ich hier nur kurz meine Erfahrungen schildern. Meine Erfahrungen und wie sich meine Kamera und ein niederländischer Fotograf als Lebensretter profilierten.
Ich will es nicht dramatisieren – also kurz beschrieben: Die Transformation vom Zustand „funktionale Arbeiterbiene“ zu „zu nichts fähigem“ Menschen dauerte bei mir nur ein paar Tage. Ich war plötzlich zu nichts mehr in der Lage. Ich war traurig. Unendlich traurig. Nichts machte mehr Sinn. Ich konnte nicht mehr richtig essen, mein Atem stockte permanent. Ich hatte permanent Kopfschmerzen. Meine Nase war den ganzen Tag verstopft und ich hatte Herzrythmusstörungen. Ich hatte Angst auf die Straße zu gehen. Bus und Bahn fahren konnte ich nicht mehr, weil ich Angst vor Menschen auf engem Raum hatte. Einkaufen gehen war unmöglich. Eigentlich wollte ich nur noch zuhause sitzen und nichts tun. Ich hatte keine Energie mehr für irgendwas. Alle und alles und auch ich selber waren mir fremd. Diesen Zustand mit Worten zu beschreiben ist extrem schwer. 

Die Tagesklinik

Nach 2 Monaten Wartezeit konnte ich glücklicherweise für 4 Monate in eine Tageskinik, in der Patienten mit Burnout behandelt wurden. In der Klinik standen Dinge auf dem Programm wie Gartenarbeit, Musiktherapie, Kunsttherapie und natürlich viele Gruppen- und Einzelgespräche. Genau dieser Zeit habe ich es zu verdanken, dass ich in extrem großen Schüben spürte, wie meine kreative Energie wieder in mein Leben trat. In der Kunsttherapie malte ich (endlich wieder nach vielen Jahren) abstrakte Ölbilder; in der Musiktherapie spielte ich endlich wieder Gitarre und bei der Gartenarbeit bekam ich endlich wieder – im wahrsten Sinne des Wortes – eine Erdung. Ich hatte auch sehr großes Glück bei der Therapeutin, die mich betreute – zu ihr noch später mehr…
Gleichzeitig gab mir die Klinik einen strukturierten Alltag.
Die Klinik hat mir sozusagen Starthilfe in Form von verschiedenen Therapien und Beschäftigungen gegeben. 

Der Weg nach draußen

Mein Leben spielte sich damals entweder zuhause oder in der Klinik ab. Nichts dazwischen. Irgenwann jedoch verspürte ich die Lust zu fotografieren. Das Problem: Dafür muss ich nach draußen gehen. Die Lust zu fotografieren war irgendwann groß genug, dass ich meine Angst nach draußen zu gehen überwinden konnte. Ich fotografierte Gebäude, Blumen, die Natur und alles mögliche und war erstaunt darüber, dass meine Angst zweitrangig war, sobald es um Fotografie ging. Die Fotos, die ich machte, bearbeitete ich dann zuhause und fing wieder an etwas zu lernen und mich aktiv in etwas fortzubilden. Eine Zeit lang war das eine große Stütze und eine Hilfe einen kleinen Fortschritt in mir zu sehen. Allerdings waren mir meine Bilder immer zu „nichts-sagend“ und zu bedeutungslos. Irgendwie war ich immer noch unglücklich

lesen lernen…

Irgendwann stieß ich dann im Internet auf Fotos vom niederländischen Fotografen Joel Tjintjelaar. Er ist quasi einer der Begründer der schwarz weiss Fine Art Architekturfotografie. Als ich seine Bilder gesehen habe, passierte irgendwas in meinem Kopf. Seine Bilder versetzten mich in eine andere Welt. In eine Traumwelt. Die schwerelose Atmosphäre, die Manifestation von Schönheit und Eleganz hatten eine Tiefe, die ich bis dato noch nie gesehen hatte. Seine Bilder sprachen quasi mit mir. Es war ein magischer Moment, über den ich stundenlang schreiben könnte. Es waren seine Bilder, die mir damals folgendes in den Kopf setzten: Irgendwann – egal wann – will ich selber in der Lage sein, so etwas zu erschaffen. Ich will solche Bilder von einem inhaltlichen und einem ästhetischen Level schaffen. Ich möchte Traumwelten erschaffen. Ich möchte durch meine Bilder Dinge manifestieren. Ich möchte durch meine Bilder Gedankenanstöße geben. Kurzum: Ich hatte plötzlich eine Aufgabe. Eine Aufgabe, die mir meine innere Stimme und mein wahres „ich“ mir selber machte.
Allerdings bedeutete das viel Arbeit. Nicht nur Arbeit im Sinne von „lernen“. Nein – es bedeutete in meinem speziellen Fall, dass ich erst einmal wieder lernen musste, wie man überhaupt lernt…

 

Erste Versuche

Eine Auswirkung meines Burnouts, die ich noch nicht erwähnt hatte war, dass ich nicht mehr lesen konnte. Also – na ja…lesen konnte ich noch, aber ich konnte nicht wiederholen was ich gelesen hatte, nachdem ich es gelesen hatte. Wenn ich also wieder etwas lernen wollte, bedeutete das, dass ich mir wieder grundsätzliche Fähigkeiten aneigenen musste, die ich durch den burn out verloren hatte. In übertragenem Sinne habe ich durch Joel Tjintjelaar an mir gearbeitet um wieder ein normales Leben zu führen. Ich las viel, ich ging wieder öfters nach draußen ich lernte mehr mit und über meine Kamera – insbesondere im Bereich Langzeitbelichtung.
Hier übrigens einer der ersten ernstzunehmenden Versuche mit ND-Filtern, den ich nach der Klinik in Charlottenburg gemacht habe:

bruecke im schlosspark berlin

 

Ich lernte Photoshop und ich bildete mich über die Architektur weiter. Ich hatte plötzlich wieder eine ernsthafte Aufgabe und ein Ziel auf das ich hinarbeiten wollte. Endlich wieder ein Feuer, einen Antrieb zu spüren war magisch. Ich verdanke sowohl der Fotografie, der Klinik und Joel Tjintjelaar, dass ich wieder auf die Beine gekommen bin. Allerdings – und das ist extrem wichtig – verdanke ich es auch mir selber: Ich habe endlich wieder auf mich und meine innere Stimme gehört.
Wie bereits erwähnt hatte ich großes Glück was die mich betreuende Therapeutin in der Tagesklinik anbetrifft. Als Dankeschön und Abschiedsgeschenk habe ich ihr ein Foto ausgedruckt auf dem ich meine neu erworbenen Langzeitbelichtungs-Kenntnisse angewendet hatte. Mit einer Taschenlampe habe ich „Danke Frau Göhler“ in die Luft geschrieben

lightpainting with a flashlight

In den folgenden Jahren verbesserte ich alle meine fotografischen Kenntnisse. Meine Persönlichkeit festigte sich immer mehr. Wie schon erwähnt – bin ich glücklicher, zufriedener und ausgeglichener als ich es jemals in meinem Leben war. Allerdings – und das ist das Interessante, was auch noch in Verbindung mit meinem Burnout steht: Hatte man einmal einen Burnout, so muss man bis ans Lebensende täglich aktiv dagegen vorgehen. Man muss etwas für sich tun – und das ist bei jedem etwas anderes. In meinem Fall ist es tatsächlich die schwarz weiß fine art Architektur Fotografie.
Übrigens habe ich neben der Immobilienfotografie und Fine Art Architekturfotografie eine weitere Seite als Hochzeits- und Portraitfotograf – HIER geht’s zu ihr.

Fine Art Architekturfotografie für meinen Seelenfrieden

Das Haus zu verlassen um Fotos für mein fine art Portfolio zu machen bedeutet immer, dass ich viel Zeit im Freien verbringen werde. Ich werde viel laufen und an der frischen Luft sein. Ich werde dort inne halten, wo die meisten Menschen – im Alltagstrott gefangen – achtlos vorbeirennen. Ich werde aufmerksam verschiedene Blickwinkel erkunden. Ich akzeptiere gemäß Forest Gump: „das Leben ist wie eine Schachtel Pralinen – man weiß nie was man kriegt“. Im Klartext: Vielleicht komme ich mit überhaupt keinem brauchbaren Foto nach hause. Aber das wäre ok – ich war draußen, habe mich bewegt, ggf. etwas über meine Kamera gelernt und neue Eindrücke gesammelt. Vielleicht komme ich aber auch mit tollem Material nach Hause, das ich dann in mühsamer, langer Arbeit entwickle.
Allein schon diese Facetten machen die fine art Fotografie für mich extrem wertvoll.

Allerdings ist da noch viel mehr…

Ich unterscheide meine Bilder und Beweggründe für bestimmte Motive aktuell zwischen „Zelebrieren“, „Manifestation“, „Transformation“.

“Zelebrieren”

„Zelebrieren“ sind für mich die Bilder, in denen ich – wie die Überschrift sagt – genau das zelebriere, was ich sehe. Das sind immer Motive, auf die ich hinfiebere. Es sind Motive, für die ich eine Reise auf mich nehme. Es sind Motive von Orten, die ich noch nicht kenne bzw. zu denen ich noch keine emotionale Bindung habe. Meistens sind diese Bilder genau die, die eine gewisse Leichtigkeit ausstrahlen. Sie sind leicht, da ich hier nur pure Freude empfinde. Ebenso schwingen in diesen Bildern auch Vorfreude und Enthusiasmus mit. Gewöhnlich informiere ich mich im Voraus über die Bauwerke, die Architekten und geeignete Blickwinkel. „Zelebrieren“ bedeutet für mich sinnbildlich meine überschwengliche Freude beim Entdecken eines neuen Ortes. Inspiration an allen Ecken. Ein Schrittzähler, der am Ende eines Tages in Richtung 30.000 geht. Körperliche und geistige Verausgabung und Befriedigung. Das erste Gefühl für einen neuen Ort, eine neue Kultur und Eindrücke, die mir ein Leben lang in Erinnerung bleiben werden.
Beispiel für „Zelebrieren“ ist meine Reise Anfang des Jahres nach Doha. Ich war dort als Immobilienfotograf für einen 3-tägigen Auftrag gebucht. Zu den 3 Tagen hatte ich einen Extratag hinzugefügt, den ich der schwarz weiß fine art Architekturfotografie widmen wollte. Im Vorfeld informierte ich mich über geeignete Spots, Gebäude und war voller Vorfreude. Ich glaube, dass sich diese Freude und Leichtigkeit auch in meinen Bildern widerspiegelt:

schwarzweiss fine art foto eines hochhauses in doha

Was jedoch eine Fügung des Schicksals war war, dass ich ausgerechnet an diesem Tag, als ich fine art Fotos machte, zufällig Joel Tjintjelaar (ja…genau…meine Lebensretter – Leselehrer) begegnete. Es war absurd. Ich fiel auf die Knie und schrie „oh mein Gott…bist Du Joel Tjintjelaar?!?!“ und er „yes…I am Joel Tjintjelaar“…

Wir verbrachten den restlichen Tag zusammen – er nahm mich mit auf die Spitze eines Hochhauses zu der er Zugang hatte. Abends kam er zu mir nach Lusail, wo ich ihm Zutritt zu einem der Apartment verschaffte von dem aus er aus dem 18. Stockwerk die Skyline fotografieren konnte. Dass mir dieses zufällige Treffen die Welt bedeutet muss ich wohl nicht weiter erklären. Das war – aufgrund meiner Vorgeschichte – mit Abstand einer der schönsten Tage meines Lebens. Hier ein Foto von mir mit dem Großmeister

joel tjintjelaar and tobias trumpp in doha

„Manifestation“

Die Bilder unter dieser Überschrift sind die, in denen ich ein Gebäude, oder ein Element bewusst hervorhebe. Die Auswahl für das was ich als wichtig empfinde geschieht jedoch nicht willkürlich. Ich muss einen ehrlichen und aufrichtigen Grund dafür haben. Es muss für mich innerlich ein Bedürfnis geben. Meine Bilder sind immer ehrlich und ich investiere meine Zeit nur dann wenn ich zu 100% hinter einem Bild und seiner Aussage stehe. Ebenso geschieht die Auswahl keineswegs basierend auf einem ästhetischen Grund. Bei diesen Bildern möchte ich, dass sich Betrachter die Frage stellen „habe ich das immer übersehen…?“.
Manifestation kann – nach meiner Definition auch durch die Änderung des Blickwinkels erzielt werden. Viele Menschen, die im Stress von A nach B rennen schauen tendenziell auf den Boden oder geradeaus. Oftmals entgeht ihnen der Blick nach oben.
Jüngstes Beispiel für aus meinem Portfolio ist das Bild der Brücke im Regierungsviertel. Die Brücke ist so prominent und dominant. Allerdings ist sie umgeben von anderen prominenten und dominante Objekten. Aus diesem Grund (und auch aus dem funktionalen Grund) war es mir ein Bedürfnis dieses tolle Objekt einmal als „Superstar“ darzustellen.

bruecke im berliner regierungsviertel

„Transformation“

Diese Bilder sind die „schwersten“ Bilder aus meinem Portfolio. Bilder mit vielerlei persönlichen Aussagen, Botschaften, Erfahrungen und Emotionen. Diese Bilder sind von Orten, mit denen ich persönlich viel verbinde. Allerdings müssen diese keineswegs negativ belastet sein.
Es sind Bilder, bei denen ich sowohl beim Fotografieren als auch beim Entwickeln in einem tranceähnlichen Zustand bin. Ich denke nicht mehr. Ich fühle nur noch. Ich hole alte Emotionen hervor und lasse diese in das jeweilige Bild einfließen. Nach dem Vollenden eines solchen Bildes empfinde ich die größte Form der Zufriedenheit. Es wurde entweder eine große Last aufgearbeitet oder habe nochmals schöne Erinnerungen durchlebt. Am Ende steht ein kreatives Geschöpf, das durch meine persönlichen Erfahrungen geprägt und geschaffen wurde. Es sind genau diese Bilder, die mich selbst immer wieder zum Leben erwecken.
Eines der jüngsten und persönlichsten Beispiele ist das Bild, das ich vom Marco Polo Tower in Hamburg gemacht habe.
Die Geschichte dahinter ist, dass ich für 2 Jahre im Gebäude nebenan gearbeitet habe. Ich hatte den Turm genau vor meinem Fenster. Von dort aus war er statisch und trist. Oftmals blockierte er das Tageslicht und verdunkelte mein Büro. Ich wollte mit diesem Bild meinen Eindruck dieses Turms bereinigen. Ich wollte ihn dynamisch, hell erscheinen lassen. Direkt am Wasser gelegen hatte ich im Büro oftmals Fernweh-Tagträume. Also wählte ich meinen Winkel so, dass das Vordach des Nachbarhauses einer Welle gleicht. Auf dieser reitet nun der dynamische Marco Polo Tower davon. Er hat sich verändert. Ich habe mich verändert.

 

die Bedeutung der Fine Art Architekturfotografie in meinem Leben

Die schwarzeiß Fine Art Architekturfotografie ist für mich mehr als nur ein Hobby.
Fine Art Architekturfotografie ist eine Berufung.
Sie ist mein bester Freund.
Mein Ventil, meine Muse, meine Inspiration, meine Stimme.
Ohne sie wäre ich nicht glücklich.

Dies ist der bis dato längste und persönlichste Beitrag, den ich jemals veröffentlicht habe. Es war mir aber ein großes Bedürfnis.
Ein Bedürfnis weil ich weiß, dass es aktuell sehr vielen Menschen so geht wie mir kurz vor meinem Burnout.
Ein Bedürfnis um zu zeigen, dass es trotz aktueller Aussichtslosigkeit evtl. einen Ausweg gibt.
Ein Bedürfnis um zu zeigen, dass man auch heutzutage noch offen über Gefühle sprechen kann.
Ebenso finde ich es persönlich wichtig, dass Du das alles über mich weißt – vielleicht machen jetzt auch manche meiner Fine Art Architekturfotografie – Bilder Sinn…?
Wie dem auch sei – falls Du bis hier hin gelesen hast – fühl Dich umarmt! 

Vielen Dank, dass Du alles bis hier unten gelesen hast.
Ich freue mich von Dir zu hören oder zu lesen
Tobi